Er war am Abend des 15. Januar dieses Jahres aus Istanbul im Erdinger Moos angekommen. Wenige Stunden zuvor war bei der Pressestelle der Bundespolizei am Münchner Airport ein anonymer Hinweis eingegangen, der 55-Jährige sei mit einem gefälschten Impfzertifikat unterwegs. Also nahmen die Beamten den Oberbayern bei seiner Einreise im Terminal 1 etwas genauer unter die Lupe. Da der Kontrollierte kaum etwas über seine angeblichen Impfungen zu wissen schien, nahmen die Bundesbeamten die Ermittlungen auf. Diese endeten nun, auch dank der widersprüchlichen Aussagen und des Verhaltens des Angeklagten, unter anderem vor Gericht, in einer Verurteilung zu 18.000 Euro Geldstrafe wegen Urkundenfälschung.
Seit Beginn der Corona-Pandemie hatten Bundespolizisten am Münchner Flughafen ankommende Flüge zum einen grenzpolizeilich, zum zweiten hinsichtlich der Vorgaben des Gesundheitsschutzes kontrolliert. Neben den schon fast üblichen Pappenheimern mit gefälschten Reisedokumenten oder fehlenden aufenthaltsberechtigenden Papieren haben die Grenzpolizisten dabei auch immer wieder Reisende aus dem Verkehr gezogen, die sich über die geltenden Pandemieschutzvorschriften hinwegsetzen wollten. Besonders hervor taten sich hier immer wieder Männer und Frauen, die sich mit gefälschten Impfnachweisen an den Grenzpolizisten vorbeimogeln wollten. Die Bundespolizisten wiederum, im Erkennen von gefälschten Dokumenten besonders geschult und erfahren, haben diese Kriminellen regelmäßig in ihre Schranken gewiesen.
So traf es auch Mitte Januar dieses Jahres einen 55-jährigen Deutschen, der den Beamten bei seiner Ankunft aus Istanbul ein digitales Impfzertifikat vorgelegt hatte. Bei ihm allerdings hatten die Beamten schon vorher gewusst, dass sie es eventuell mit einem Kriminellen zu tun haben. Wenige Stunden vor der Ankunft des Geschäftsmannes war bei der Pressestelle der Bundespolizei ein anonymer Hinweis eingegangen. Als die Beamten daher genauer nach den Impfdaten fragten, kam von dem Reisenden nicht mehr viel. Der Befragte schien sich an Ort und Zeit seiner beiden Impfungen nicht mehr zu erinnern. Einzig, dass es irgendwo in München war, meinte er zu wissen. Die Termine seien von seiner Sekretärin gemacht worden, sein Impfbuch habe er nicht bei sich, er werde dieses aber nachträglich vorlegen. Tags darauf war das gelbe Büchlein praktischerweise verloren gegangen. Die Sekretärin allerdings wusste nichts von Impfterminen für ihren Chef. Daraufhin vertieften die Bundespolizisten ihre Ermittlungen, sollten aber weder vom Rechtsanwalt des Verdächtigen noch von ihm selbst noch von seinem Sekretariat irgendwelche versprochenen Unterlagen bekommen. Also haben die Ermittler ihre gesammelten Informationen an den Staatsanwalt weitergeleitet. Diesem wiederum reichte die Konstellation aus anonymem Hinweis, Ermittlungsergebnissen und widersprüchlichen Aussagen sowie Gedächtnislücken aller um den Verdächtigen aus, um Anklage beim zuständigen Amtsgericht in Landsberg am Lech zu erheben.
Bei der jetzigen Verhandlung sollten sich die Erinnerungslücken des Angeklagten erst nicht schließen lassen. Auch seine Sekretärin wollte die Termine ihres Chefs nicht mehr parat haben. Einzig der Rechtsanwalt des 55-Jährigen wusste, dass sein Mandant in Frankreich während eines mehrwöchigen Urlaubsaufenthalts geimpft worden sei. Die zweite Impfung habe es dann bei einem zweiten Aufenthalt anlässlich eines Segeltörns in Frankreich gegeben. Allerdings seien alle Nachweise darüber verloren gegangen. Der Kadi wiederum gab dem Angeklagten mehrfach zu verstehen, dass die Erzählungen seines Rechtsanwaltes auf dem Richterstuhl nicht wirklich Begeisterungsstürme hervorriefen und er endlich reinen Tisch machen solle. Unter anderem machte der Richter keinen Hehl daraus, dass er sich einen Segeltörn angesichts der zu erwartenden Nebenwirkungen einer Corona-Impfung relativ schwierig vorstelle. Die Beharrlichkeit des Richters zeigte schließlich Wirkung. Letztendlich hat sich der Angeklagte trotz aggressiver Einwände seines Rechtsbeistands mit den Worten “Herr Richter, ich bin nicht geimpft,” zu einem Geständnis durchgerungen. Auch das angesetzte Strafmaß über neunzig Tagessätze zu je 200 Euro hat der gebürtige Münchner entgegen der ersten Einwände seines Rechtsanwalts sehr schnell akzeptiert.