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Anklage wegen Mordes an Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke

Die Bundesanwaltschaft hat am 29. April 2020 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Anklage gegen

den deutschen Staatsangehörigen Stephan E. und den deutschen Staatsangehörigen Markus H. erhoben.

Der Angeschuldigte Stephan E. ist des Mordes (§ 211 StGB) sowie des versuchten Mordes (§ 211, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) hinreichend verdächtig. Im Fall des Mordversuchs wird ihm zudem tateinheitlich eine gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 und Nr. 5 StGB). Darüber hinaus ist Stephan E. wegen Verstößen gegen das Waffengesetz (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 3 Nr. 2 lit. a und b WaffG) und das Kriegswaffenkontrollgesetz (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 lit. a KrWaffKontrG) angeklagt.

Gegen den Angeschuldigten Markus H. besteht der hinreichende Tatverdacht der Beihilfe zum Mord (§ 211, § 27 StGB). Des Weiteren wird ihm ebenfalls ein Verstoß gegen das Waffengesetz (§ 51 Abs. 1 WaffG) vorgeworfen.

In der Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

1. Stephan E. fuhr am Abend des 1. Juni 2019 nach Wolfhagen-Istha, um den damaligen amtierenden Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke zu töten. Diesen Tag hatte der Angeschuldigte bewusst gewählt, weil er hoffte, wegen der alljährlich stattfindenden “Weizenkirmes” unerkannt zu bleiben. Gegen 23:20 Uhr näherte er sich im Schutze der Dunkelheit dem Wohnhaus von Dr. Walter Lübcke, der zu diesem Zeitpunkt auf der Terrasse saß. Stephan B. schlich sich an ihn heran und schoss ihm aus kurzer Entfernung mit einem Revolver der Marke Rossi in den Kopf. Dr. Walter Lübcke verstarb noch in derselben Nacht an den Folgen dieses Kopfschusses.

Ausschlaggebend für die Tat war die von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit getragene völkisch-nationalistische Grundhaltung von Stephan E. Am 14. Oktober 2015 hatte er gemeinsam mit dem Angeschuldigten Markus H. eine Bürgerversammlung in Lohfelden besucht, die die dort geplante Unterbringung von Flüchtlingen zum Gegenstand gehabt hatte. Seit der Bürgerversammlung projizierte Stephan E. seinen Fremdenhass zunehmend auch auf Dr. Walter Lübcke, der dort die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung verteidigt hatte. Spätestens seit dem Geschehen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln und dem islamistischen Attentat in Nizza im Juli 2016 hatte er den Entschluss gefasst, Dr. Lübcke zu töten, um diesen für dessen – aus Sicht von Stephan E. verfehlte – Haltung in der Flüchtlingspolitik abzustrafen. Es kam ihm zudem darauf an, durch die Ermordung ein öffentlich beachtetes Fanal gegen die von ihm abgelehnte gegenwärtige staatliche Ordnung zu setzen. Zur Vorbereitung seiner Tat hatte er bereits zu diesem Zeitpunkt begonnen, die Lebensumstände seines späteren Tatopfers auszuspähen. Hierzu war er wiederholt zum Wohnhaus von Dr. Lübcke in Wolfhagen-Istha gefahren, wobei er bereits bei zwei Fahrten, zum Zeitpunkt der “Weizenkirmes” in 2017 und 2018, die spätere Tatwaffe mit sich führte.

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