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Annalena Baerbock und die Nebeneinkünfte

Kanzlerkandidatin ärgert sich über ihr „blödes Versäumnis“

Annalena Baerbock und die Nebeneinkünfte.
Kanzlerkandidatin ärgert sich über ihr „blödes Versäumnis“

Annalena Baerbock surft seit Wochen auf einer bisher nicht dagewesenen Erfolgswelle. Zuerst die Kanzlerkandidatur gegen den etablierteren Robert Habeck und danach Umfragewerte, die selbst die seit Jahren vorne liegenden Unionsparteien auf Platz 2 verdrängen. Dabei schien jegliche Kritik an ihr spurlos abzuperlen. Weder kritische Kommentare zu ihrem Lebenslauf oder ihren bisherigen Führungsqualitäten noch hartnäckige Nachfragen zu angeblich unklaren Plänen im Parteiprogramm ihrer Partei brachten die erste grüne Kanzlerkandidatin aus der Spur.

Doch nun bekommt das perfekte Image erste Kratzer und ausgerechnet in einem Bereich, in dem von Seiten der Grünen bislang jeder Fehler der politischen Gegner gnadenlos angeprangert wurden, hat Frau Baerbock nicht aufgepasst. Dabei hat sie eigentlich nichts Verbotenes verschwiegen: Für die Jahre 2018 bis 2020 hatte sie bei insgesamt 4 Vorgängen von Ihrer Partei Sonderzahlungen für den Parteivorsitz erhalten und diese zwar ohne Aufforderung aber eben nicht fristgerecht und somit verspätet bei der Bundestagsverwaltung angemeldet.

Hintergrund ist hier, daß es für Frau Baerbock als Parteivorsitzende laut Finanz- und Ehrenordnung des Grünen-Vorstandes kein Gehalt gibt, da sie als Mitglied des Bundestages schon über entsprechenden Einkünfte verfügt. Gleichwohl ist es nach Aussage einer Parteisprecherin wohl durchaus üblich, daß auch Parteivorsitzenden Sonderzahlungen wie etwa Weihnachtsgeld oder Prämien zustehen. Im Vergleich zu Sondereinkünften von Politikern anderer Parteien ist die Summe von insgesamt 25.220,28€ auch ausgesprochen gering, wie sich in der zuletzt hitzigen Debatte um Transparenz bei Nebeneinkünften herausgestellt hatte. Man denke nur an die Provisionen bei Maskengeschäften.

Nur: Wäre da bloß nicht dieses „blöde Versäumnis“, wie Frau Baerbock ihren Fehler selbst bezeichnet.

Denn wer bei Fehlern anderer immer sofort und entrüstet mit dem Finger auf die entsprechenden Personen zeigt, der muss sich nicht wundern, wenn die Kritik jetzt mal genau andersherum ausfällt.

Moral funktioniert leider nicht nur in eine Richtung! Der Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer sieht da auch ein Problem auf die Kanzlerkandidatur-Kampagne der Grünen zukommen. Die Glaubwürdigkeit könnte Schaden genommen haben. “Wenn man andere für ihre Nebeneinkünfte kritisiert und selbst welche in nicht unbeträchtlicher Höhe einstreicht und dann auch noch die notwendige fristgerechte Meldung an die Bundestagsverwaltung ‘versehentlich’ versäumt, darf man sich gerade als Partei mit so hohen Ansprüchen an Transparenz und moralische Integrität wie die Grünen über Kritik nicht wundern”.

Gestern wurde zudem bekannt, dass auch Ex-Parteichef Cem Özdemir Sonderzahlungen aus den Jahren 2014 bis 2017 zunächst „vergessen“ und nun nachgemeldet hat. Dabei soll es sich in erster Linie um Weihnachtsgeld gehandelt haben. Die politischen Gegner nehmen den Ball auf jeden Fall dankbar auf und kommentieren und bashen fleißig gegen die Kanzlerkandidatin, die so etwas in dem nun mehr und mehr anlaufenden Wahlkampf nicht gut gebrauchen kann. Bleibt abzuwarten, ob dieser Kratzer im Image von Frau Baerbock noch rechtzeitig aufpoliert werden kann oder ob der bisherige Höhenflug nun eine Delle bekommt.

Annalena Baerbock bei Anne Will unter Druck

 

Foto: Sonnenseite

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