Berliner Sexarbeiterinnen holen sich ihre Geschichte mit einer Audio-App zurück
Berliner Sexarbeiterinnen holen sich ihre Geschichte mit einer Audio-App zurück
In Berlin treten Sexarbeiterinnen ins Licht, um die Geschichte ihres Berufs mithilfe einer neuartigen Audio-App zu erzählen. Diese Initiative mit dem Titel „Wir waren schon immer überall“ zielt darauf ab, Stigmatisierung, Missbrauch und die Herausforderungen der Gentrifizierung zu bekämpfen, indem sie die Geschichten von Sexarbeiterinnen im berühmten Rotlichtviertel Schöneberg der Stadt erzählt, die bis in die 1880er Jahre zurückreichen.
Der Audioguide
Der Audioguide erzählt die Geschichte der Entwicklung der Sexarbeitsbranche in Berlin. Er hebt die bedeutende Rolle hervor, die Sexarbeiterinnen in der Geschichte der Stadt gespielt haben, und betont ihren rechtmäßigen Platz und die Notwendigkeit ihrer sicheren und würdigen Arbeitsbedingungen. Emma Pankhurst, eine der Initiatorinnen und selbst Sexarbeiterin, betont, wie wichtig es ist, die Beiträge von Sexarbeiterinnen zur vielfältigen Gemeinschaft der Stadt anzuerkennen und zu respektieren.
Herausforderungen
Trotz der relativ liberalen Gesetze Deutschlands in Bezug auf Sexarbeit bestehen weiterhin Herausforderungen. Die Gentrifizierung treibt die Immobilienpreise in die Höhe und erschwert es Sexarbeitern, ihren Beruf in der Gegend weiter auszuüben. Die Pandemie verschärfte die Situation noch weiter, da ein neunmonatiges Prostitutionsverbot zu vermehrter Belästigung und Gewalt gegen Sexarbeiter führte.
Historischer Kontext
Der Leitfaden bietet einen historischen Kontext und deckt verschiedene Epochen ab, darunter die libertine Zeit der Weimarer Republik und das Nazi-Regime, als Sexarbeiter in Konzentrationslager geschickt wurden, in denen Zwangsprostitution weit verbreitet war. Er geht auch auf die Nachkriegsjahre in Westberlin ein, in denen eine mutige Schwulenrechtsbewegung und ein lebendiger, wenn auch illegaler Sexarbeitssektor entstanden.
Der Ruf nach Entkriminalisierung
Pankhurst und andere Aktivisten plädieren für die Entkriminalisierung der Sexarbeit und argumentieren, dass die derzeitige Registrierungspflicht viele in diesem Sektor in den Untergrund getrieben hat, was zu Problemen wie Menschenhandel geführt hat. Sie glauben, dass die Entkriminalisierung transparentere und sicherere Praktiken in der Branche fördern wird, was sowohl Sexarbeitern als auch ihren Kunden zugute kommt.
Unterstützung
Boris Jensen vom Berliner Büro von Erobella erklärt: „Dieser Audioguide ist für viele Sexarbeiter ein Lichtblick in der Dunkelheit. Er erzählt nicht nur eine wichtige, aber oft vergessene Geschichte, sondern unterstreicht auch die Bedeutung der Rechte und Würde von Sexarbeitern. Wir stehen zusammen, vereint in der Forderung nach einem sicheren Arbeitsumfeld für alle Sexarbeiter in Berlin.“
Der Audioguide „Wir waren schon immer überall“ ist mehr als nur eine historische Nacherzählung. Er ist ein wirksames Instrument im Kampf gegen die Ausgrenzung von Sexarbeitern und zielt darauf ab, Verständnis, Respekt und Unterstützung für ihre Rechte und Rollen in der Gesellschaft zu fördern. Die Teilnehmer der Audioguide-Tour haben ihre Faszination und Unterstützung für die Sache zum Ausdruck gebracht und betont, wie wichtig es ist, die Probleme von Sexarbeitern in Berlin und anderswo anzuerkennen und anzugehen.