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“Berliner Wettbüro-Mordfall”

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt am 18. und 19. Januar 2022 über die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen die Urteile des Landgerichts Berlin im sogenannten “Berliner Wettbüro-Mordfall”.

Das Landgericht Berlin hat am 1. Oktober und 18. Dezember 2019 acht der Angeklagten wegen Mordes und einen weiteren wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Von der Mindestverbüßungsdauer hat es in allen Fällen einen Teil für vollstreckt erklärt.

Nach den Urteilsfeststellungen beauftragte der wegen Anstiftung zum Mord verurteilte Anführer der Berliner “Hells Angels” am Abend des 10. Januar 2014 u. a. die Mitangeklagten, seinen langjährigen Widersacher zu töten. Dementsprechend suchten sie diesen noch am gleichen Abend zusammen mit weiteren “Hells Angels”-Mitgliedern in seinem Stammlokal in einem Berliner Wettbüro auf. Nachdem sie überfallartig in die Lokalität eingedrungen waren, gab einer der Angeklagten dem Tatplan entsprechend binnen Sekunden mehrere Schüsse auf das arglose Opfer ab, das seinen Schussverletzungen noch am Tatort erlag.

Das Landgericht hat die Tat nach mehrjähriger Verhandlung als heimtückische und aus niedrigen Bewegründen begangene Tötung bewertet. Es hat die am Tatort anwesenden Angeklagten deshalb wegen Mordes (§ 211 StGB) und den Auftraggeber wegen Anstiftung zum Mord (§ 211, § 26 StGB) verurteilt. Von den danach zwingend zu verhängenden lebenslangen Freiheitsstrafen hat es den Angeklagten jeweils einen Vollstreckungsabschlag von zwei Jahren gewährt, weil es von einer Verletzung des in Art. 6 Abs. 1 MRK verbürgten Rechts der Angeklagten auf ein faires Verfahren ausgegangen ist. Denn es sei – so das Landgericht – nach der Beweisaufnahme nicht auszuschließen, dass nicht namhaft zu machende Kräfte des Landeskriminalamts Berlin keine Maßnahmen zur Verhinderung der Tat ergriffen hätten, obwohl sie bereits Ende Oktober 2013 Kenntnis von dem auf das spätere Tatopfer abzielenden “Mordauftrag” des Anführers der Berliner “Hells Angels” erlangt hätten.

Die Angeklagten wenden sich mit ihren auf die Sachrüge gestützten und zum Teil mit Verfahrensbeanstandungen geführten Revisionen gegen ihre Verurteilung. Die Staatsanwaltschaft greift allein den allen Angeklagten gewährten Vollstreckungsabschlag an.

Über die Rechtsmittel wird der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs an beiden Sitzungstagen ab 10 Uhr im Großen Sitzungssaal des Reichsgerichtsgebäudes (Sitz des Bundesverwaltungsgerichts) in Leipzig, Simsonplatz 1 verhandeln.

Vorinstanz:

Landgericht Berlin – Urteile vom 1. Oktober 2019 – (515 Ks) 251 Js 26/14 (7/14) – und vom 18. Dezember 2019 – (515 Ks) 251 Js 256/17 (7/14) Trb1

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 211 Strafgesetzbuch (Mord)

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

§ 26 Strafgesetzbuch (Anstiftung)

Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.

Artikel 6 Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 2010 – MRK (Recht auf ein faires Verfahren)

(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder – soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält – wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.

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