Freiburg (ots)
Vรถllig unerwartet nรคherte sich vor einigen Tagen eine Drohne dem Intensivtransporthubschrauber (ITH) “Christoph 54″ der DRF Luftrettung am Flugplatz in Freiburg kurz nach dessen Start. Die DRF-Pilotin Adriana Langer musste auf ihrem Einsatzflug nach Lรถrrach zwar nicht ausweichen, dennoch kam ihr das unbemannte Flugsystem ganz plรถtzlich bis auf eine Entfernung von fรผnf Meter gefรคhrlich in die Quere. Leider kein Einzelfall:
“Die DRF Luftrettung beobachtet diesen Vorfall mit Sorge, denn Situationen dieser Art hรคufen sich”, so Dr. Peter Huber, Vorstand der DRF Luftrettung.
Die Besatzung von “Christoph 54” wollte am Mittag einen Patienten von Lรถrrach nach Freiburg ins Krankenhaus transportieren.
Kurz nach dem Start an der Station in Freiburg, auf etwa 70 Meter Hรถhe, bemerkte die Hubschrauberpilotin der DRF Luftrettung, dass sich ihr etwas Schwarzes im Luftraum nรคherte.
Ihren Anfangsverdacht, dass es sich dabei um einen Vogel handeln kรถnnte, musste sie schnell รผber Bord werfen: Sie konnte keinen Flรผgelschlag erkennen und da war der Flugkรถrper auch schon zum Greifen nah.
Adriana Langer, die seit zehn Jahren fรผr die rot-weiรen Luftretter im Einsatz ist, konnte eine rechteckige Drohne in der Grรถรe eines durchschnittlich groรen Pakets erkennen.
Vor dem Verlegungsflug hatte die Crew der DRF Luftrettung bereits eine Meldung erhalten, dass ein genehmigter Drohnenflug geplant sei. Allerdings war dieser Flug fรผr einen anderen Zeitpunkt am spรคten Nachmittag angekรผndigt.
Ein Ausweichmanรถver war zum Glรผck nicht erforderlich. Kurzerhand teilte sie diese gefรคhrliche Begegnung der Flugleitung des Flugplatzes mit, um auch andere Pilot*innen und Beteiligte zu warnen. Auรerdem meldete sie den Vorfall dem “Safety Management System” (SMS) der DRF Luftrettung, das diese erheblichen Gefahrensituationen leider immer hรคufiger beobachten muss, denn Drohnen erfreuen sich insbesondere bei Hobbyfliegern zunehmend groรer Beliebtheit. Das SMS รผberwacht Sicherheitsvorfรคlle dieser Art und geht auch prรคventiv vor, indem sie die Hubschrauberbesatzung der DRF Luftrettung auf solche Gefahren speziell schult und immer wieder neue Gefahrenquellen simuliert. “Eine Kollision hรคtte das Leben unserer Besatzung gefรคhrden und ein schlimmes Ausmaร annehmen kรถnnen”, zeigt sich Dr. Peter Huber, Vorstand der DRF Luftrettung, besorgt. Die Polizei konnte den Steuerer bisher nicht ausfindig machen und ermittelt nun. Die Behรถrde prรผft, ob dieser ungenehmigte Drohnenflug gegen die Luftverkehrsordnung verstoรen hat.
Gefรคhrdung von Hubschrauberbesatzung und Patient*innen
Die Sicherheit bei Luftrettungseinsetzen spielt eine รผbergeordnete Rolle. Fliegt eine Drohne unmittelbar und รผberraschend in die Nรคhe eines Hubschraubers, kann es zur realen Gefรคhrdung von Mensch und Maschine kommen. “Den aktuellen Zwischenfall beim Einsatz der Kollegin nehmen wir sehr ernst. Wir richten daher einen dringenden Appell an die Hobbyflieger und Bediener von Drohnen jeglicher Art, sich an die Drohnen-Verordnung des Bundesministeriums fรผr Verkehr und digitale Infrastruktur, die im Mรคrz 2020 neu herausgegeben wurde, zu halten”, so Dr. Huber. Generell sei jegliche Behinderung und Gefรคhrdung an Einsatzorten von Rettungscrews, Polizei sowie im An- und Abflugbereich von Flugplรคtzen verboten, betont der Vorstand der DRF Luftrettung. Grundsรคtzlich dรผrfen Drohnen in Deutschland ohne anderweitige Genehmigung nicht hรถher als 100 Meter aufsteigen. Fรผr Modelle mit einem Gewicht von mehr als zwei Kilogramm benรถtigen die Piloten einen Kenntnisnachweis, auch Drohnenfรผhrerschein genannt. Neben Flugplรคtzen sind Menschenansammlungen, Unfallstellen oder Krankenhรคuser fรผr Drohnenflรผge tabu.
Hohe Strafen wegen gefรคhrlichem Eingriff in den Luftverkehr
Fรผr Drohnenflรผge in Verbotszonen drohen hohe Strafen, denn sie stellen ein enormes Sicherheitsrisiko dar: Ohne eine Ausnahmegenehmigung sind sie nachts und in der Nรคhe von Flugplรคtzen ausdrรผcklich verboten. Viele Flugroboter sind bereits mit integrierten Karten von vorgegebenen Verbotszonen in ihrer Software ausgestattet und kรถnnen nur nach Freischaltung an diesen Orten in die Luft steigen. Die Kreuzung oder der รberflug einer Drohne รผber drehende Rotorblรคtter ist รคuรerst gefรคhrlich! Durch die Sogwirkung der Rotoren kann die Drohne angesaugt werden, so dass es zu einer Beschรคdigung des Hubschraubers kommt. Auch wenn es in Freiburg zu keinem Schaden kam, wurde unsere Besatzung wรคhrend eines Patiententransports behindert. “Die DRF Luftrettung ist mit ihren rot-weiรen Rettungshubschraubern tรคglich bundesweit im Einsatz, um Menschen schnelle medizinische Hilfe zu bringen. Im Notfall zรคhlt dabei oft jede Minute. Dessen sollten sich Drohnennutzer bewusst sein und Rettungshubschrauber bzw. grundsรคtzlich Luftfahrzeuge weder an- noch รผberfliegen”, warnt Dr. Huber.
Flugsicherung meldet 125 Vorfรคlle mit Drohnen
Die Sichtung der Drohne in Freiburg ist fรผr die DRF Luftrettung leider kein Einzelfall. Im Safety Management System sind noch weitere Fallberichte erfasst. “Die meisten Drohnen in Deutschland werden von Hobbypiloten gesteuert. Werden sie allzu leichtsinnig und unbedarft in der Luft manรถvriert, stellen sie eine akute Gefahr am Himmel dar”, betont Dr. Huber, selbst ausgebildeter Pilot. Durch Leichtsinn und Selbstรผberschรคtzung werde aus der Faszination eine tรถdliche Falle. Nach Schรคtzungen der Deutschen Flugsicherung (DFS) gibt es in Deutschland 2020 rund 1,2 Millionen Drohnen. Laut Angaben der DFS kam es 2019 zu 125 registrierten Behinderungen durch Drohnen im Flugverkehr. Die Zahlen sind im Vergleich zu 2018 zwar rรผcklรคufig (158 an der Zahl), dennoch stellen solche Zwischenfรคlle eine erhebliche Gefahr fรผr die Einsรคtze der Luftretter*innen und damit fรผr Patient*innen dar.
Fachgerechter Drohneneinsatz auch Chance fรผr DRF Luftrettung
Die DRF Luftrettung sieht in dem Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge (UAV – Unmanned Aerial Vehicles, umgangssprachlich als “Drohnen” bekannt) aber nicht nur eine Gefahr, sondern auch eine Chance. Sie hat dazu ein Positionspapier mit eigenen Richtlinien entwickelt, wenn es beispielsweise um den Transport von notfallmedizinischer Ausrรผstung wie Defibrillatoren geht. Genauso lassen sich in der Notfallversorgung Blut oder Laborproben durch Drohnen ans Ziel bringen. “Der Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen zu diesen Zwecken kann unter Umstรคnden wesentlich schneller und effizienter sein als der Transport mit dem Rettungswagen oder dem Rettungshubschrauber”, sagt Dr. Huber. Hierzu arbeitet die DRF Luftrettung am Pilotprojekt MV|Life|Drone mit der Universitรคtsmedizin Greifswald als Kooperationspartner zusammen. Im Projekt “MV|Life|Drone – Pilot” wurde getestet, ob Drohnen kรผnftig Defibrillatoren zu Ersthelfer*innen und Patient*innen fliegen kรถnnen. Mit Testflรผgen in Penkun und Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern Ende des Jahres 2019 wurde erforscht, ob dieses Konzept funktioniert, welcher Organisationsaufwand damit verbunden ist und wie gut das Konzept von Ersthelfer*innen, die nicht in die Drohnensystematik eingewiesen sind, vor Ort umgesetzt werden kann. Die DRF Luftrettung unterstรผtzte bei den Erprobungen vor Ort und stellte nach Auswertung der Simulationsflรผge mit den Drohnen ihre Berechnungsalgorithmen zur Verfรผgung.
Einen nichtfachgerechten Einsatz von Flugrobotern stuft die DRF Luftrettung als ein hohes Risiko mit schlimmen Folgen fรผr alle beteiligten Luftverkehrsteilnehmer ein. “Wer den Einsatz von Rettungshubschraubern behindert und gefรคhrdet, riskiert Menschenleben”, betont Dr. Huber. Deswegen gehรถren Drohnen nur in die Hรคnde von ausgebildetem Fachpersonal oder – in der Hobbyfliegerei – an Orte, die ausdrรผcklich fรผr den Drohnenflug zugelassen sind.
รber die DRF Luftrettung
Die DRF-Gruppe mit Sitz in Filderstadt ist eine der grรถรten Luftrettungsorganisationen Europas. Insgesamt leistete die Gruppe 40.738 Einsรคtze im Jahr 2019. An 14 der 35 Stationen in Deutschland, รsterreich und Liechtenstein sind die Crews rund um die Uhr einsatzbereit, an sieben Standorten kommen Hubschrauber mit Rettungswinde zum Einsatz.
Zur DRF-Gruppe gehรถrt seit 2001 die รถsterreichische ARA Flugrettung mit zwei Stationen sowie seit 2019 die Northern HeliCopter GmbH (NHC), die an drei Stationen Einsรคtze in der Luft- und Wasserrettung leistet. Auรerdem ist die DRF Luftrettung im Netzwerk der APยณ Luftrettung an einer Station in Balzers/Liechtenstein beteiligt. Darรผber hinaus holt die DRF Luftrettung mit eigenen Ambulanzflugzeugen Patienten aus dem Ausland zurรผck.
Fรผr den kontinuierlichen Ausbau ihrer lebensrettenden Aufgabe ist die gemeinnรผtzige Luftrettungsorganisation auf finanzielle Unterstรผtzung angewiesen. Weit รผber 400.000 Fรถrderer weiร der DRF e.V. bereits an seiner Seite.
