Ermittlungsverfahren wegen Schwarzarbeit
Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat gegen sechs Männer und eine Frau deutscher, kroatischer, serbischer und slowenischer Nationalität im Alter zwischen 32 und 59 Jahren Anklage zum Landgericht – Wirtschaftsstrafkammer – in Koblenz erhoben. Den Angeschuldigten wird zur Last gelegt, in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Sachsen und Hessen in der Zeit von März 2017 bis Juli 2020 Scheinrechnungen erstellt bzw. angekauft zu haben.
Einem serbischen Angeschuldigten, der ein Bauunternehmen in Niedersachsen betreibt, wird vorgeworfen, er habe mittels Nutzung sogenannter Servicefirmen und Abdeckrechnungen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von über 6 Millionen EUR hinterzogen sowie Beiträge zur Sozialkasse der Bauwirtschaft in Höhe von über 2 Millionen EUR verkürzt. Hierzu soll er mehrere Scheinfirmen (Servicefirmen) genutzt haben, die an die von ihm geführte Firma Rechnungen für nie geleistete Arbeiten ausgestellt haben. Der Bauunternehmer soll diese Rechnungen bezahlt und die Rechnungsbeträge sodann abzüglich einer Provision in bar zurückerhalten haben. Hierdurch soll er in seinem Unternehmen „Schwarzgeld“ erzeugt haben, mit dem dann nicht oder nicht ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldete „Schwarzarbeiter“ bezahlt worden sein sollen.
Einer deutschen Angeschuldigten wird vorgeworfen, die Taten des Bauunternehmers aus Niedersachsen als dessen Mitarbeiterin durch das Entwerfen der Scheinrechnungen und die Übermittlung an die Aussteller der Scheinrechnungen unterstützt zu haben.
Einem slowenischen, zwei weiteren serbischen und einem kroatischen Mitangeschuldigten wird vorgeworfen, die Scheinrechnungen als gemeinsame Betreiber der Servicefirmen zur Verfügung gestelltund den Bauunternehmer aus Niedersachsen sowie weitere gesondert verfolgte Rechnungskäufer dadurch bei der Generierung des „Schwarzgeldes“ und der Auszahlung von „Schwarzlöhnen“ unterstützt zu haben. Die gesondert verfolgten Rechnungskäufer sollen infolge dieser Unterstützung insgesamt Sozialversicherungsbeiträge von insgesamt über 2 MillionenEUR hinterzogen sowie Beiträge zur Sozialkasse der Bauwirtschaft in Höhe von über 650.000 EUR verkürzt haben. Einem weiteren serbischen Mitangeschuldigten wird vorgeworfen, sich zeitweise am Betrieb der Servicefirmen beteiligt und dadurch den Bauunternehmer bei der Generierung des „Schwarzgeldes“ und der Auszahlung der „Schwarzlöhne“ unterstützt zu haben.
Die Firmen der angeschuldigten Rechnungsschreiber hatten ihren Sitz in Hessen. Die Firmen der gesondert verfolgten Rechnungskäufer saßen – unter anderem – in Mainz, Worms und Ludwigshafen.
Die Staatsanwaltschaft bewertet die Handlungen des angeschuldigten Rechnungskäufers als Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a Abs. 1, Abs. 2 StGB) zum Nachteil der gesetzlichen Krankenkassen sowie Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) zum Nachteil der Sozialkasse der Bauwirtschaft. Die Handlungen der angeschuldigten Betreiber der Servicefirmen sowie der Mitarbeiterin des angeschuldigten Rechnungskäufers sieht sie als Beihilfe zu den angeklagten Taten des Rechnungskäufers an.
Soweit die Anklage weitere Delikte enthält, ist aus Rechtsgründen keine Auskunft zulässig.
Der angeschuldigte Bauunternehmer sowie zwei der serbischen Mitangeschuldigten befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Die Haftbefehle gegen weitere Beschuldigte wurden im Oktober bzw. November 2021 gegen Meldeauflagen und Sicherheitsleistungen außer Vollzug gesetzt. Gegen 42 weitere Beschuldigte, bei denen es sich um die eingetragenen oder faktischen Geschäftsführer weiterer Servicefirmen, um weitere Rechnungskäufer sowie um Mitarbeiter des Bauunternehmers aus Niedersachsen handelt, die diesen bei der Generierung des „Schwarzgeldes“ oder der Auszahlung der „Schwarzlöhne“ unterstützt haben sollen, dauern die Ermittlungen noch an.
Termin zur Hauptverhandlung ist noch nicht bestimmt, da zunächst den Angeschuldigten im Zwischenverfahren rechtliches Gehör zu gewähren ist.