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Fall des Monats Februar 2024

Impfung - Schmerzensgeld - Klage

Fall des Monats Februar 2024

Schadensersatz- und Auskunftsansprüche nach Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty

Bestehen Schadensersatz- und Auskunftsansprüche der Klägerin gegen die Herstellerin des Impfstoffs
Comirnaty bei von der Klägerin nach einer Impfung behaupteten Gesundheitsschäden?

Diese Frage hatte die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.

Urteil vom 18.01.2024, Az.: 1 O 258/22 (nicht rechtskräftig)

Sachverhalt:

Die Klägerin wurde dreimal mit dem von der Beklagten hergestellten Impfstoff Comirnaty geimpft.
Sie behauptet, seit den Impfungen unter einer Vielzahl von Symptomen, wie zum Beispiel Müdigkeit,
Erschöpfung, Erbrechen und Lähmungserscheinungen, zu leiden. Ihrer Ansicht nach beruhen diese Beeinträchtigungen auf den erfolgten Impfungen.

Die Klägerin beantragt u. a., die Beklagte zur Zahlung eines
Schmerzensgeldes (mindestens 150.000,00
€) zu verurteilen. Zudem soll festgestellt werden, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle aus der Schädigungshandlung bereits entstandenen und künftig entstehenden Schäden zu ersetzen. Außerdem verlangt sie von der Beklagten eine Vielzahl von Auskünften nach § 84 a AMG hinsichtlich der Bestandteile, Tests und Auswirkungen des Impfstoffes.

Die Beklagte rügt, dass sich aufgrund des Sachvortrags der Klägerin schon keine tatsächlichen Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen den Impfungen der Klägerin und den behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin ergeben. Insbesondere sei hierbei nicht annähernd ausreichend zum Gesundheitszustand der Klägerin vor den Impfungen vorgetragen worden. Zudem ist die
Beklagte der Ansicht, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis des verwendeten Impfstoffs positiv sei. Die
Fach- und Gebrauchsinformationen hätten zu jeder Zeit dem jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft
entsprochen.

Die Entscheidung:

Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat die Klage abgewiesen.
Es bestehe auf Grundlage des Vortrags der Klägerin kein Anspruch nach § 84 Abs. 1 AMG.

Das AMG sei zwar anwendbar, weil es sich bei dem Impfstoff um ein Arzneimittel im Sinne des Gesetzes

handele. Die Klägerin habe jedoch einen auf die streitgegenständlichen Impfungen zurückzuführenden
Gesundheitsschaden nicht hinreichend dargelegt.

Die Klägerin treffe im Arzneimittelhaftungsverfahren eine erweiterte Darlegungslast, die beinhalte,

jedwede Tatsachen vorzutragen, die im Einzelfall für und gegen eine Schadensverursachung sprechen.
Dies schließe auch und insbesondere solche Informationen ein, über die nur die Klägerin verfügt, wie
zum Beispiel Angaben zu Grund- und Parallelerkrankungen, Risikofaktoren oder die Einnahme anderer
Arzneimittel. Dieser Darlegungslast sei die Klägerin nicht ausreichend und widerspruchsfrei nachgekommen.

Insbesondere lege die Klägerin ihren Gesundheitszustand vor der Impfung und eine Kausalität der Impfung hinsichtlich der vorgetragenen Gesundheitsschäden nicht ausreichend dar.
Aus den von der Klägerin eingereichten fragmentarischen Unterlagen ergebe sich zudem, dass die von
der Klägerin vorgetragenen Beschwerden zumindest teilweise bereits vor der Impfung vorlagen.

Aufgrund der mangelnden Substantiierung des Klägervortrags brauche daher nicht entschieden werden, ob der gegenständliche Impfstoff ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweist. Die Frage, ob

eine Vorlage an den EuGH angezeigt ist oder ein Informationsfehler im Sinne des § 84 Abs. 1 AMG
vorliegt, müsse ebenfalls nicht beantwortet zu werden.

Weitere in Betracht kommende Anspruchsgrundlagen seien aufgrund der nicht substantiierten Darlegung eines kausalen Schadens ebenfalls nicht gegeben. Auch der begehrte Auskunftsanspruch nach
§
84 a AMG setze voraus, dass die Klägerin Tatsachen darlegt, die die Annahme begründen, dass ein
konkretes Arzneimittel einen Schaden im Sinne des § 84 Abs. 1 AMG verursacht hat.

Auszug aus dem Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG)

§ 84
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn

1.
das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den
Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder

2.
der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden
Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.

(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und
Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.

(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.


§ 84 a

(1) Liegen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, so kann der Geschädigte von dem pharmazeutischen Unternehmer Auskunft verlangen, es sei denn, dies ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, nicht erforderlich. Der Anspruch richtet sich auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können.

Die §§ 259 bis 261 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. Ein Auskunftsanspruch besteht insoweit nicht, als die Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht.

(2) Ein Auskunftsanspruch besteht unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch gegenüber den Behörden, die für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig sind. Die Behörde ist zur Erteilung der Auskunft nicht verpflichtet, soweit Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht. Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz bleiben unberührt.

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