Verbot, Mund-Nasen-Schutz bei Versammlungen mit anderen Accessoires zu kombinieren, rechtswidrig
Die Anordnung einer Maskenpflicht fรผr Versammlungsteilnehmer ist zum Zwecke der Verhinderung der Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus zulรคssig. Diesen darf hingegen nicht ohne Weiteres verboten werden, zusรคtzlich zur Mund-Nasen-Bedeckung andere Accessoires, wie eine Sonnenbrille oder Kopfยญbedeckung, zu tragen. Dies entschied das Verwaltungsgerichts Koblenz und gab einer gegen entsprechende Auflagen gerichteten Klage teilweise statt.
Der Klรคger meldete im April 2020 eine Versammlung an. Die Stadt Koblenz erteilte ihm daraufhin unter anderem die Auflage, zur Verhinderung der Ausbreitung der Virusinfektion mรผssten alle Teilnehmer der Versammlung einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Dieser dรผrfe nicht der Verhinderung einer Identitรคtsfeststellung dienen und nicht mit zusรคtzlichen Accessoires wie zum Beispiel Sonnenbrillen, Kopfbedeckungen oder einer kompletten Gesichtsmaske kombiniert werden.
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Zwar sei die Anordnung der Maskenpflicht rechtmรครig, entschieden die Koblenzer Richter. Bei gemeinsamen Kundgebungen stelle sie eine notwendige Ergรคnzung zu den Abstandsregeln dar, um eine weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus zu verhindern. Versammlungen hรคtten ihre eigene Dynamik. Bei ihnen wรผrden oftmals lautstark Parolen gerufen. Die Mund-Nasen-Bedeckung kรถnne in diesem Fall als mechanische Barriere dazu beitragen, die Verbreitung des Virus durch Aerosole zu reduzieren. Unzulรคssig sei hingegen das Verbot, die Mund-Nasen-Bedeckung mit anderen Accessoires im Gesicht zu kombinieren. Zwar gelte auch im Falle der Anordnung einer Maskenpflicht das versammlungsrechtliche Vermummungsverbot. Ein Verstoร hiergegen setze aber stets voraus, dass die Verhรผllung des Gesichts gerade in der Absicht erfolge, die eigene Identitรคt zu verschleiern. Ein generelles und von den Absichten der jeweiligen Versammlungsteilnehmer losgelรถstes Verbot, die Mund-Nasen-Bedeckung mit anderen Accessoires zu kombinieren, sei deshalb nicht erforderlich, um Verstรถรen gegen das Vermummungsverbot vorzubeugen. So sei dieses beispielsweise dann nicht verletzt, wenn eine Versammlungsteilnehmerin neben ihrem Mund-Nasen-Schutz aus religiรถsen Grรผnden einen Schleier anlegen oder Versammlungsteilnehmer bei Sonnenschein eine Sonnenbrille aufsetzen wรผrden.
Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz wegen der grundsรคtzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
(Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 19.ย Oktoberย 2020, 3ย Kย 371/20.KO)
