Unfallfahrerin fotografiert Sterbenden und fährt weg
NRW - Um Chef zu beweisen, warum sie zu spät kam
Unfallfahrerin fotografiert Sterbenden und fährt weg
Düsseldorf. Es ist kurz vor sechs Uhr morgens. Die Discount-Angestellte Nalan Ö. (42) ist mit ihrem Kia-SUV, Maschinist Wolfgang S. (60) mit seinem Honda-Motorrad auf dem Weg zur Arbeit. Weil die Autofahrerin, wie zuletzt oft, nicht schon wieder zu spät zur Arbeit kommen will, leitet sie auf der Hauptverkehrsstraße Auf‘m Hennekamp ein verbotenes Wendemanöver ein. Ihr zeitsparender U-Turn kostet Wolfgang S. das Leben!
„Ich muss zur Arbeit“
Unfassbar, was danach passierte: Die Unfallverursacherin stieg aus, machte aus kurzer Distanz ein Handyfoto von dem sterbenden Unfallopfer, schickte es ihrem Chef. Dann rief sie ihn an und sagte, dass sie sich wegen des Unfalls verspäten werde.
Während Unfallzeugen sofort zum schwerst verletzten Wolfgang S. eilten, um ihm zu helfen, fuhr sie mit den Worten „Ich muss zur Arbeit“ einfach weg. Der Familienvater verstarb.
Seit Donnerstag, zweieinhalb Jahre nach dem Unfall, wird Nalan Ö. in Düsseldorf der Prozess gemacht – erneut.
Fahrerflucht oder nicht?
Dieses Mal vor dem Landgericht. Es ist ein Berufungsprozess. Vor einem Jahr hatte sie das Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung und Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu zehn Monaten auf Bewährung und 5000 Euro Geldstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte zusätzlich auch wegen Fahrerflucht zwei Jahre und vier Monate Haft gefordert.
Hatte Nalan Ö. den Horror-Crash mitbekommen oder nicht? Diese Frage muss jetzt das Landgericht klären.
Dass sie sich rücksichtslos verhielt, sieht die Angeklagte nicht ein, weil ihr Wagen nicht mit dem Motorrad zusammengestoßen war. Sie will nur gesehen haben, wie der Motorradfahrer über die Straße gerutscht sei, habe deshalb den Unfall nicht mit sich selbst in Verbindung gebracht.
Davon habe sie erst erfahren, als Polizisten eine Stunde später bei ihrer Arbeitsstelle im Supermarkt erschienen, Auto und Handy sicherstellten und sie als Beschuldigte belehrten.
Dabei gibt es keinen Zweifel, dass die Autofahrerin den Unfall auslöste.
Als der Kia-SUV von Nalan Ö. nach dem illegalen Wendemanöver plötzlich auf der Spur von Wolfgang S. auftauchte, habe er laut Gutachter auf seiner 700er Honda (kein ABS) eine Vollbremsung eingeleitet, um eine Kollision zu vermeiden. Dabei blockierten die Räder. Er kam ins Straucheln, stürzte.
83 Meter sei Wolfgang S. über die Straße gerutscht, ehe er gegen einen Baumschutzbügel prallte – tot!
„Autofahrerin zeigt keine Reue“
Laut Gutachter sei er auf der Unfallstelle (Tempo 50) zwischen 70 und 83 km/h schnell gewesen. Der Sachverständige schloss aber nicht aus, dass er kurz vorher Gas gegeben haben könnte, um dem vor ihm auftauchenden SUV noch auszuweichen.
Im Gerichtssaal verfolgten mehrere Angehörige und Freunde von Wolfgang S. den Prozess. Eine Schwägerin des Toten gegenüber BILD: „Die spielt doch nur auf ihrem Handy rum. Weder in dem ersten noch in dem jetzigen Verfahren hat die Autofahrerin echte Reue gezeigt.“
Der Prozess wird fortgesetzt.