Das zuständige Gesundheitsamt durfte aufgrund eines positiven Corona-Falles im Jahr 2020 an einer Grundschule trotz negativer Ergebnisse eines sog. Sammelabstrichs bei den Schülerinnen und Schülern und dem Lehrpersonal sämtliche Schülerinnen und Schüler als Kontaktpersonen der Kategorie II einstufen und deren Beobachtung und Gesundheitsüberwachung anordnen. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und wies die Klage einer Grundschülerin ab.
Nachdem dem Gesundheitsamt des Beklagten am 1. September 2020 der Nachweis einer Infektion mit dem Coronavirus bei einer Schülerin an der Grundschule der Klägerin gemeldet worden war, teilte der Beklagte den Eltern der Klägerin telefonisch mit, dass alle Schülerinnen und Schüler der Grundschule als Kontaktpersonen der Kategorie II eingestuft würden. Ein Kontakt in der Schule könne nicht sicher ausgeschlossen werden. Sodann ordnete das Gesundheitsamt die Beobachtung und Gesundheitsüberwachung der Klägerin bis zum 11. September 2020 an. Während dieser Zeit müsse bei der Klägerin zweimal täglich die Körpertemperatur gemessen werden und täglich ein Tagebuch zu Symptomen, Körpertemperatur, allgemeinen Aktivitäten und Kontakten zu weiteren Personen geführt werden.
Nach erfolglosem Widerspruch erhob die Klägerin Klage und trug vor, die Beobachtung sei rechtswidrig gewesen, weil ein Ansteckungsverdacht bei ihr nicht vorgelegen habe. Ein unmittelbarer Kontakt zwischen ihr und einer infizierten Person habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Dem trat der Beklagte mit dem Einwand entgegen, sein Vorgehen habe der Empfehlung des Robert Koch-Instituts für Kontaktpersonen der Kategorie II entsprochen. Die Beobachtung sei auch das mildeste Mittel zur Überwachung der Symptome und Durchführung von Tests.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Klägerin habe nach der maßgeblichen Kenntnislage im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung als Ansteckungsverdächtige eingestuft werden können, so die Koblenzer Richter. Ausreichend für diese Einschätzung sei, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher sei als das Gegenteil. Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen, da ihre Mitschülerin positiv auf das Corona-Virus getestet worden und die Klägerin nach den Kriterien des Robert Koch-Instituts als ansteckungsverdächtig einzustufen gewesen sei. Einer individuellen Risikoeinschätzung durch den Beklagten habe es – auch angesichts der rasanten Verbreitung des Coronavirus und der nur eingeschränkten Testmöglichkeiten zum damaligen Zeitpunkt und der mit diesem Virus verbundenen Gefahren – nicht bedurft. Deshalb habe dem Einwand der Klägerin, sie habe keinen Kontakt mit der infizierten Mitschülerin gehabt, nicht weiter nachgegangen werden müssen. Ausreichend für die Einschätzung des Gesundheitsamtes sei vielmehr gewesen, dass es sich um eine schwer zu überblickende Kontaktsituation gehandelt habe. Denn zum damaligen Zeitpunkt habe noch keine Maskenpflicht an der Schule bestanden, die Unterrichtspausen aller Klassen hätten damals noch zeitgleich auf dem Pausenhof und nicht zeitversetzt stattgefunden und es seien von den etwa 110 Schülern ca. 40 gemeinsam mit der infizierten Mitschülerin in einem Schulbus gefahren. Hinzu komme, dass sich Kinder in Grundschulen nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise spielerisch verhielten und derart miteinander kommunizierten, dass es regelmäßig zu infektionsgeeigneten Kontakten komme, vor allem, da der Kontakt regelmäßig körpernah sei. Von der Einhaltung eines ausreichenden Abstandes der Kinder untereinander insbesondere in Pausen, in den Sanitäranlagen oder auf dem Weg in die Unterrichtsräume habe deshalb ebenfalls nicht ausgegangen werden können.