Ermittlungsverfahren u.a. gegen Polizeibeamte wegen des Anfangsverdachts strafbarer Chatinhalte
Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt in einem insgesamt mehr als 50 Beschuldigte betreffenden Komplex wegen des Anfangsverdachts mรถglicherweise strafbarer Posts in Chatgruppen. Unter den beschuldigten Personen befinden sich nach dem derzeitigen Stand vier Beamte der rheinland-pfรคlzischen Polizei, ein ehemaliger Student der Hochschule der Polizei sowie zwei Beamte der Bundespolizei.
Die Ermittlungen gehen darauf zurรผck, dass auf einem privaten Mobilfunkgerรคt eines der Beschuldigten in anderem Zusammenhang mรถglicherweise strafbare Chatinhalte festgestellt worden waren. Im Zuge der Ermittlungen sind Ende August bei mehreren Beschuldigten Durchsuchungsmaรnahmen erfolgt.
Nach derzeitigem Stand ist davon auszugehen, dass von den รผber 50 Beschuldigten in der Zeit von Juli 2018 bis 2021 – in unterschiedlichen und sich mitunter aus Personen aus verschiedenen Lebenszusammenhรคngen oder Beziehungen zusammensetzenden Messenger-Chatgruppen – eine insgesamt zweistellige Anzahl von mรถglicherweise inkriminierten, oft mit Text versehenen Bildern bzw. Stickern gepostet worden sind, die die Grenzen guten Geschmacks deutlich รผberschreiten und jedenfalls zu einem Teil strafrechtlich relevant sein dรผrften. So sind etwa neben Bildern mit Hakenkreuz-Symbolen bzw. Mitteilungen antisemitischen Gehalts u.a. fremdenfeindliche und behindertenfeindliche Posts festgestellt worden. Eine abschlieรende strafrechtliche Einordnung steht noch aus.
Um weitere Ermittlungen nicht zu gefรคhrden und angesichts der fรผr die Beschuldigten geltenden Unschuldsvermutung sind bis auf Weiteres keine ergรคnzenden Angaben mรถglich.
Rechtliche Hinweise:
Gemรคร ยง 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet zu ermitteln, wenn ihr zureichende tatsรคchliche Anhaltspunkte fรผr verfolgbare Straftaten bekannt werden. Die Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft bedeutet mithin weder, dass Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens sich tatsรคchlich strafbar gemacht hรคtten, noch, dass fรผr ihre spรคtere Verurteilung eine รผberwiegende Wahrscheinlichkeit bestรผnde. Vor einer rechtskrรคftigen Verurteilung gilt vielmehr die Unschuldsvermutung fรผr die Beschuldigten.
Nach ยง 86a des Strafgesetzbuchs (StGB) macht sich u.a. strafbar, wer Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verbreitet oder รถffentlich verwendet. Das Gesetz droht hierfรผr Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe an.
Nach ยง 130 StGB macht sich wegen Volksverhetzung u.a. strafbar, wer in einer Weise, die geeignet ist, den รถffentlichen Frieden zu stรถren,
1. gegen eine nationale, rassische, religiรถse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevรถlkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehรถrigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevรถlkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkรผrmaรnahmen auffordert oder
2. die Menschenwรผrde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevรถlkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehรถrigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevรถlkerung beschimpft, bรถswillig verรคchtlich macht oder verleumdet.
Strafbar macht sich nach ยง 130 StGB u.a. auch, wer in einer Weise, die geeignet ist, den รถffentlichen Frieden zu stรถren den Holocaust รถffentlich verharmlost oder den รถffentlichen Frieden in einer die Wรผrde der Opfer verletzenden Weise dadurch stรถrt, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkรผrherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt. ยง 130 StGB sieht unterschiedliche Strafrahmen vor, bis hin zu einer Strafandrohung von bis zu fรผnf bzw. drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.
Wegen Gewaltdarstellung macht sich nach ยง 131 StGB u.a. strafbar, wer eine Abbildung, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttรคtigkeiten gegen Menschen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttรคtigkeiten ausdrรผckt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwรผrde verletzenden Weise darstellt, verbreitet oder der รffentlichkeit zugรคnglich macht. Das Gesetz sieht insofern eine Strafandrohung von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor.
Nach ยง 201a StGB macht sich strafbar, wer eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder รผbertrรคgt und dadurch den hรถchstpersรถnlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, oder eine so hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugรคnglich macht. Das Gesetz droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe an.
Die Strafrahmen bilden jedoch lediglich die maximalen Grenzen der fรผr die Verwirklichung eines bestimmten Straftatbestandes nach den Vorstellungen des Gesetzgebers รผberhaupt in Betracht kommenden Strafen ab. Im รbrigen hรคngt die Hรถhe etwaiger Strafen von einer Vielzahl von einzelfallbezogenen Gesichtspunkten, insbesondere den nรคheren Umstรคnden etwaiger Taten und individuellen Gegebenheiten in der Person der Beschuldigten ab, so dass sie einer schematischen Beurteilung nicht zugรคnglich sind.
gez. Kruse, Leitender Oberstaatsanwalt
