Expertengremium veröffentlicht Studien über Coronaregeln
Lange warteten Politik und Öffentlichkeit auf die „Evaluation“ der Corona-Maßnahmen durch das 18-köpfige Expertengremium.
Die Experten sollten klären, wie wirksam die Maßnahmen gegen die Pandemie waren, damit Bund und Länder im kommenden Herbst alte Fehler nicht wiederholen.
Zu den Mitgliedern des Gremiums zählen u.a. der Bonner Virologe Hendrik Streeck (44), der Charité-Chef Heyo Kroemer (62) und die Soziologin Jutta Allmendinger (65). Charité-Virologe Christian Drosten (50) hatte das Gremium Ende April verlassen und wurde durch den Epidemiologen Klaus Stöhr (62) ersetzt.
Jetzt haben die Wissenschaftler, Mediziner und Juristen das Papier fertiggestellt – und gehen hart mit vielen Corona-Regeln ins Gericht.
Lockdowns: Zeigen nur am Anfang Wirkung
Lockdowns haben nur im Anfangsstadium einer Pandemie eine starke Wirkung, so die Experten. Die als Lockdown bezeichneten Maßnahmen-Bündel hätten „einen kurzfristigen positiven Effekt“, würden aber „auf Dauer von der Bevölkerung weniger akzeptiert werden und ihre Wirkung verlieren“.
Je länger ein Lockdown inkraft ist, „umso schwerer wiegen die nicht-intendierten Folgen“ – also die nicht beabsichtigten Schäden. Dazu zählen die Experten u.a. die „Steigerung der häuslichen Gewalt gegenüber Frauen und Kindern“, die „Zunahme von psychischen Erkrankungen“ und „existenzielle Nöte“.
Auch die sogenannten 2G- und 3G-Maßnahmen werden von den Experten kritisch eingeordnet. Als 2G wird der Ausschluss nicht-geimpfter Personen aus weiten Teilen des öffentlichen Lebens bezeichnet, z.B. durften Menschen ohne doppelte Corona-Impfung nicht ins Restaurant oder Schuhgeschäft. Bei einem 3G-Regime mussten Nicht-Geimpfte einen negativen Corona-Test vorlegen, um z.B. gastronomische Betriebe zu betreten.
Der Effekt der Maßnahmen auf das Corona-Geschehen sei allerdings nur „in den ersten Wochen nach der Boosterimpfung oder der Genesung hoch“, heißt es im Papier der Sachverständigen-Kommission. „Der Schutz vor einer Infektion lässt mit der Zeit jedoch deutlich nach.“
Der „Einsatz von Immunitätsnachweisen“, also das Pflicht-Vorzeigen von Impfpässen, bewerten die Experten sehr skeptisch. Die „nachgewiesene Wirkung“ erscheine „eher gering“. Dazu hätten Befragungen in mehreren Ländern gezeigt, dass „verpflichtende Impf- und Immunitätsnachweise aus psychologischen Gründen kontraproduktiv sein können, da hierdurch die Motivation, sich impfen zu lassen, deutlich gesenkt werden kann“.
Bei der Maskenpflicht ringen sich die Experten nicht zu einem eindeutigen Urteil durch. Zwar sei die Wirksamkeit von Masken im Labor bestätigt, allerdings sei „nicht abschließend geklärt, wie groß der Schutzeffekt von Masken in der täglichen Praxis“ ist. „Eine schlechtsitzende Maske hat auch keinen, ggf. sogar einen negativen Effekt.“
Bei „starker Gesichtsbehaarung“ schützen Masken schlechter und könnten eine „Scheinsicherheit suggerieren“.
Das Fazit: „Das Tragen von Masken“ könne „ein wirksames Instrument in der Pandemiebekämpfung sein“. Allerdings haben „schlechtsitzende und nicht enganliegende Maske jedoch einen verminderten bis keinen Effekt“.